Wie kommt der Ort zum Film? – Teil 1
Eine der Kernfragen im Location Placement ist natürlich, wie es gelingen kann, dass eine Filmproduktion auf den eigenen Ort aufmerksam wird. In diesem Feld gibt es eine Vielzahl von Faktoren und Akteuren. Die Film Commissions oder vergleichbare Institutionen sind in allen Bundesländern aktiv, um hier zu helfen. Christian Dosch, Leiter der Film Commission Stuttgart, hat uns zu der Frage Rede und Antwort gestanden.
Otto Kettmann: Wie kommt man als Ort in einen Film?
Christian Dosch: Wenn wir von fiktionalen Projekten reden, also von Spielfilmen für das Fernsehen und das Kino, so ist der künstlerische Ursprung ja das Drehbuch. Im Drehbuch ist – nach dem Exposé und dem Treatment – die Filmidee des Autoren beschrieben – mit bestimmten Konventionen. Eine Konvention ist, dass Drehbücher nach Bildern eingeteilt sind. Bilder sind räumlich-zeitliche Einheiten. Hier kommt also der Raum ins Spiel. Die Räume – auch Motive genannt – sind in dem Drehbuch beschrieben. Und die Beschreibung ist zusammen mit den künstlerischen Vorstellungen des Regisseurs und des Szenenbildners der Ausgangspunkt für die Suche nach Drehorten – dem Location Scouting. Häufig werden dann von den Produktionen Location Scouts engagiert, um die passenden Orte zu finden. Die Suchkriterien können ganz unterschiedlich sein.
Otto Kettmann: Welche Funktionen übernehmen dabei Film Commissions?
Christian Dosch: Film Commissions sind öffentlich getragene Einrichtungen, die Filmproduktionen bei konkreten Fragen der Filmherstellung unterstützen. Oft sind Film Commissions Teil der regionalen Filmförderungen oder – wie in der Region Stuttgart – Teil der regionalen Wirtschaftsförderung. Wir verstehen uns als Mittler zwischen Kultur, Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Konkret also auch als Mittler zwischen Motivgebern und Filmproduktionen. Wir führen Filmproduktionen zu passenden Drehorten und übernehmen die Anfangsmoderation und den Brückenschlag zwischen den Welten. Umgekehrt bieten wir öffentlichen und privaten Motivgebern die Möglichkeit, iIhre Drehorte auf unserer Location-Datenbank, dem Location Guide (www.locationguide.de) zu listen und damit selbst Filmprojekte zu akquirieren. Zudem beraten wir bei der Drehvorbereitung, vermitteln regionale Location Scouts und kümmern uns um das „Trouble Shooting“ bei den Dreharbeiten.
Otto Kettmann: Demnach sind Sie auf der Suche nach attraktiven Orten? Welche Faktoren sind dabei besonders wichtig?
Christian Dosch: Attraktive Drehorte sind häufig Orte, in denen sich der Film, die Kamera und das Team wirklich bewegen kann. Damit meine ich, dass es bei Film-Shootings im Gegensatz vielleicht zu Foto-Shootings eben selten nur um einen Ausschnitt, eine Einstellung oder eine Perspektive geht, die für ein gutes Bild ausreicht. Es geht um Raumtiefen, verschiedene Kameraperspektiven und eine szenische Wirkung der Kulisse. Orte, die 360 Grad bespielt werden können, sind da sicher attraktiv. Drehorte sind zudem häufig durch eine gewisse Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit gekennzeichnet, es geht eben selten um belanglose, austauschbare und gesichtlose Orte.
Otto Kettmann: Welche Gegebenheiten vor Ort können in die Waagschale geworfen werden?
Christian Dosch: Die logistischen und organisatorischen Faktoren beim Filmdreh sollten nicht unterschätzt werden Auch hier sind Raumgrößen ein Kriterium, immerhin bestehen Filmteams aus 30 – 60 Filmschaffenden. Filmteams greifen zudem häufig auf Orte zurück, die in der Nähe von Filmstädten liegen, die eine Unterbringung des Teams in Hotels in der Nähe gewährleisten. Aber ein Ort kann sich auch selbst attraktiv machen, z. B. durch geringe Motivmieten, eine flexible Betreuung und umfassende Möglichkeiten, Drehbereiche exklusiv zu nutzen bzw. für andere Nutzer zu sperren.
Otto Kettmann: Wer sind die richtigen Ansprechpartner?
Christian Dosch: Die üblichen Ansprechpartner für Motivgeber und Vermarkter von Objekten sind die Film Commissions, in Deutschland organisiert im Netzwerk Location Germany (www.locationgermany.de) und natürlich auch die Location Scouts und Location Agenturen. Die Film Commissions informieren gerne auf welchen zusätzlichen regionalen Plattformen, Datenbanken und Veranstaltungen eine Präsenz Sinn macht. Die Erstrecherche nach Locations findet mittlerweile zumeist Online statt, oft unter Nutzung von Tools wie Google Earth, Panoramio, Google Street View oder Flickr.
Otto Kettmann: Was kann der einzelne Ort dabei leisten?
Christian Dosch: Entscheidend ist es, eine visuelle Online-Präsenz aufzubauen, die gängige filmspezifische Fragen beantwortet, umfangreiches Bild- und evtl. Videomaterial bereitstellt und möglichst mit den genannten Recherche-Plattformen vernetzt ist.
(Die Fortsetzung des Interviews erfolgt Anfang der kommenden Woche.)
Mai 18, 2012 Allgemein
Freue mich auf den 2.Teil !!
Freue mich auf den 2. Teil