Hitchcock in Nizza
Am kommenden Wochenende kann man wieder einmal ein Meisterwerk des Meisters der Suspense im Fernsehen bewundern: „Über den Dächern von Nizza“. Alfred Hitchcock hat die wunderschöne Welt der Cote d’Azur mit den Reichen und Schönen in Szene gesetzt, als diese noch für die normalen Sterblichen unerreichbar waren. Dabei ist die Szenerie vor derselben Eleganz wie die Welt, in der den Reichen der Schmuck gestohlen wird und ein Meisterdieb zum Helfer der Polizei werden muss, um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Nizza war in den 50er Jahren ein ausgesprochen mondäner Ort und noch heute ist dieses besondere Flair auf der Promenade und im Angesicht der edlen Häuser spürbar. Alfred Hitchcock nutzte den Ort als Kulisse, um eines seiner Meisterwerke zu drehen. Cary Grant spielt einen ehemaligen Meisterdieb, der in den Verdacht gerät, wieder aktiv zu sein. Er muss sich mit der Polizei verbünden, um eine Diebstahlserie aufzuklären. Dabei erhält er Hilfe von der zickigen und gelangweilten Millionärstochter, die von Grace Kelly in einer der besten Rollen ihres Lebens gespielt wird.
Die Cote d’Azur ist in diesem Film ein perfektes Beispiel dafür, wie eine ganze Region einem Film den Stempel aufdrückt. Die Drehorte liegen teils sehr weit auseinander, doch gelingt es dem Regisseur, durch seinen Schnitt hier einen homogenen Eindruck zu erzielen. Höhepunkte sind dabei die Szenen in Robies Haus in Saint-Jeannet im Hinterland Nizzas, der Blumenmarkt in Nizza und das Hotel, in dem Frances Stevens mit ihrer Mutter abgestiegen ist – das Intercontinental in Cannes. Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass Grace Kelly den Meisterdieb in einem Cabrio auf sehr sportliche Art durch die Corniches zwischen Nizza und Monaco fährt. Jahre später wird sie auf der Route de la Turbie, die Teil dieser Fahrt ist, ihren tödlichen Unfall haben.
In Hitchcocks Werk gibt es zwei weitere Beispiele dafür, wie die Örtlichkeiten zu einem besonderen Moment des Filmes werden. Als eines der berühmtesten Beispiele für „Suspense“ gilt die Szene in der Royal Albert Hall. In „Der Mann, der zuviel wusste“ wird die Szene sowohl in der englischen Version von 1934 als auch dem Remake von 1956 weitgehend identisch inszeniert. Der Konzertsaal in seiner Totalen gibt den prachtvollen Ort für das geplante Attentat auf den Politiker, das Doris Day am Ende verhindert. Dabei ist die Schnittfolge ein Musterbeispiel dafür, wie der Regisseur Suspense aufbaut.
Spektakulärer als das Konzerthaus ist Mount Rushmore. Das Monument mit den amerikanischen Präsidenten dient immer wieder als Filmkulisse. Für Hitchcock ist es Schlusspunkt einer spektakulären Flucht, die Cary Grant und Eve Marie Saint am Ende von „Der unsichtbare Dritte“ bewältigen. Dabei gelingt es ihnen, einer Verbrecherbande zu entkommen. Hier hat der Regisseur einen Prototyp für die späteren Actionfilme erstellt und den Berg als Kulisse für den Höhepunkt genutzt. Dass er dabei das Ende der Flucht in einem Gag voller sexueller Anspielungen auflöst, gehört ebensfalls zu den etwas schrägen Ideen dieses Genies.
„Über den Dächern von Nizza“ – USA, 1955 – ZDF, Sonntag, 18. August, 15.15 Uhr (alle Bilder: Paramount Pictures)
o.kettmann August 14, 2013 Allgemein