Schabbach ist die Heimat
Seit kurzem ist das neueste und möglicherweise letzte Kapitel der Heimat erzählt worden. Ob Edgar Reitz sein Lebenswerk vollendet hat, wird sich noch zeigen. Unverrückbar aber hat er den Hunsrück mit dem kleinen Städtchen Schabbach zum Inbegriff der Heimat im deutschen Fernsehen gemacht. Das Epos hat seit den 80er Jahren national und international Fernsehgeschichte geschrieben.
Mitte der 80er Jahre schuf Edgar Reitz mit Heimat eine mehrteilige Fernsehreihe, die den Auftakt zu einem neuartigen Zugang zu dem Begriff bildete. Bis dahin wurde das Wort als verstaubt mit leicht volkstümelnden Touch empfunden. Die Geschichte der Familie Simon in der Zeit von 1918 bis 1944 warf ein ganz anderes Bild darauf. Der Hunsrück wurde ich kargen Bildern erzählt. Authentizität kam durch eine sehr präzise Erzählweise, vor allem aber durch die ungewöhnliche Visualität der Film auf. Der Wechsel von Schwarz-Weiß und Farbbildern war ungewöhnlich. Reitz selbst erklärte, dass dieser Wechsel natürlich gewollt war, nicht aber als filmische Theorie, sondern als Abbild der Erinnerung an die Vergangenheit einer Region, in der er selbst geboren war.
Zwar spielen große Teile des zweiten und dritten Teils der Trilogie außerhalb Schabbacks, doch ist der Hunsrück der Fokus der Geschichten. Dabei ist das Dorf selbst eine Kunstschöpfung. Schabbach geht zurück auf den Namen einer Familie, den Edgar Reitz auf dem Grabstein auf dem Bischofsdrohner Friedhof las. Der Ort hat verschiedene Väter im Rhein-Hunsrück-Kreis: Gehlweiler und Woppenroth. Hinzu kommen verschiedene kleinere Orte mit einzelnen Locations. In Gehlweiler steht die Schmiede der Familie Simon, deren Geschichte über mehrere Epochen erzählt wird. In sehr detaillierter Form kann man die einzelnen Drehorte auf der Fanpage der Reihe nachlesen. In derselben Region drehte im Übrigen Helmut Käutner in den 50er Jahren den Film Schinderhannes mit Curd Jürgens.
Im Gegensatz zu den Fernsehfilmen wurde Gehlweiler für den aktuell im Kino laufenden Prolog zum zentralen Ort. Wie die FAZ berichtet, wurde im Gegensatz zu den anderen Filmen hier der gesamte Ort für die Dreharbeiten umgebaut. Edgar Reitz verzichtete in diesem Fall darauf, Schabbach aus den verschiedenen Gemeinden zusammen zu setzen. Die Folgen waren während der Dreharbeiten für den Ort erheblich. Inzwischen hat die Gemeinde an verschiedenen Stellen des Ortes Tafeln mit Erläuterungen zu den Dreharbeiten errichten lassen.
Heimat ist qua Thema eine sehr deutsche Geschichte und damit nur begrenzt für den Massentourismus tauglich. Gleichwohl haben die Filme eine Vielzahl von Spuren hinterlassen. Hunsrück Tourismus bewirbt natürlich die verschiedenen Drehort mit einer Übersichtsbroschüre und einer Pauschale. Fans der Trilogie haben seit kurzem die Möglichkeit, auf besondere Weise in diese Welt einzutauchen. Im Elternhaus Edgar Reitz’ wurde am vergangenen Wochenende das „Café Heimat“ eröffnet. Das Haus zeigt nicht nur Artefakte aus den Filmen. Es ist zudem dem Werk des Regisseurs gewidmet und soll gleichzeitig als Kulturort mit dem Schwerpunktthema Film dienen.
o.kettmann Oktober 10, 2013 Allgemein