Location Placement – Was ist das?
Forrest Gump sitzt auf einer Bank an einer Bushaltestelle. Neben ihm sitzt eine ältere Dame und er erzählt ihr sein Leben. Jeder, der gute Filme mag, hat dieses Bild vor Augen. Er sieht die Bank, dahinter einen kleinen Park und Tom Hanks in einer seiner besten Rollen, für die er zu Recht mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Einmal dort zu sitzen, wo Forrest saß, schien so vielen Menschen ein Bedürfnis zu sein, dass sie die Parkbank suchten und die Stadtväter von Savannah sich gezwungen sahen, die Bank zu schützen. Sie steht heute im örtlichen Stadtmuseum. Von solchen Geschichten soll dieser Blog in Zukunft erzählen.
Location Placement ist kein neues Phänomen. Seit Filmemacher in den 20er Jahren begannen, Außenaufnahmen zu drehen, gibt es Menschen, die diese Drehorte besuchen. Hieraus entwickeln sich für Orte Potenziale zur Eigenvermarktung, die zuvor nicht absehbar waren. Die Möglichkeiten reichen oft weit über die aktuelle Saison hinaus, wie sich an vielen Beispielen zeigen lässt. So ist noch heute Salzburg für viele US-Amerikaner nicht die Stadt Mozarts, sondern der Ort, an dem Baron von Trapp seinen „Sound of Music“ gemeinsam mit der von Julie Andrews gespielten Maria sang.
Orte spielen für Filmemacher eine entscheidende Rolle. Dies gilt nicht nur für die infrastrukturellen Bedingungen, die sie vorfinden. Vor allem sorgt die Atmosphäre einer Stadt und Region für den Lokalkolorit, der eine Geschichte prägt und vorantreibt. „Der Name der Rose“ wäre ohne die düstere Stimmung, die vom Kloster Eberbach ausgeht, ein ganz anderer Film. Allerdings sorgt diese hohe Bedeutung auch dafür, dass die Suche nach dem richtigen Ort Aufgabe des kreativen Teams eines Films ist. Auch wenn eine ganze Teilbranche des Films davon lebt, Orte den Filmemachern schmackhaft zu machen, so liegt die Entscheidung am Ende oft beim Produzenten und Regisseur. Einen Film systematisch für die eigene Vermarktung zu akquirieren, gelingt nur in den seltensten Fällen.
Ist aber ein Drehteam einmal vor Ort, ergeben sich eine Vielzahl von Chancen. Dies beginnt bei den unmittelbaren Auswirkungen der Dreharbeiten. Hier werden nicht nur Straßen und Plätze teilweise abgesperrt. Der Dreh ergibt immer schöne Geschichten, sodass Berichte von den Dreharbeiten auch des 24. Tatortes immer noch in der Konstanzer Lokalausgabe des Südkuriers zu finden sind. Die finanziellen Effekte, die sich durch die Ausgaben des Teams vor Ort für Hotel, Gastronomie, Dienstleister am Set oder Komparsen ergeben, sind nicht zu unterschätzen.
Es lohnt sich also, Drehort für einen Film zu werden. Die Filmproduktion lässt Geld in der Stadt. Man erreicht im Normalfall ein Millionenpublikum – im besten Falle über Weiderholungen auf Jahre hinaus. Die Bilder lassen sich in das eigene Marketing einbinden und bieten damit Gelegenheit, mit einem unkonventionellen Thema Touristen anzusprechen. Im Idealfall erreicht man sogar ein internationales Publikum. Doch der Weg dorthin ist steinig. Es gibt in Deutschland mehr schöne Orte als Filmprojekte. Daher ist die Konkurrenz hoch. Gleichzeitig gibt es verschiedene Institutionen, die sich des Themas angenommen haben: Location Scouts, Film Commissions, Filmförderanstalten, Tourismusregionen.
Sie alle eint die Erkenntnis, dass die Vorteile, die Filme für einen Orte haben, genutzt werden sollen. Dies soll auch Zielsetzung dieses Blogs sein. Wir wollen Wege aufzeigen, wie man Drehorte für die eigene Kommunikation nutzen kann – während der Dreharbeiten und danach. Hierzu wollen wir das Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchten, Fachleute ihren speziellen Blick auf Location Placement werfen lassen und Beispiele aus der Praxis vorstellen. Wenn wir nebenbei auch interessante Geschichten über einzelne Filme erzählen, freuen wir uns natürlich. Am Ende wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Potenziale, die sich aus dem Thema ergeben, in Deutschland stärker abgeschöpft werden.
o.kettmann Mai 4, 2012 Allgemein, Filme